cookieOptions = {...}; Bücherliebhaber: September 2015

Sonntag, 13. September 2015

Und du bist nicht zurückgekommen - Marceline Loridan-Ivens

Einen Schönen Sonntag euch.

Da hab ich so lang Pause gemacht und gleich noch ein drittes Buch für euch. Nun gut, dass war nur 55 Seiten lang (eBook!), aber es war ein Zeitzeugnis einer Überlebenden des Holocaust und entsprechend auch keine allzu leichte Lektüre.

Als Marceline ins Lager Auschwitz-Birkenau kommt ist sie 15 Jahre alt. Sie ist zusammen mit ihrem Vater aus Frankreich als Jüdin deportiert worden. Doch sie ist im Frauenlager. Auf sich allein gestellt. Nur drei Kilometer von ihrem Vater entfernt. Und jeden Tag drängt sie die Frage: Muss ich ins Gas, lebt mein Vater noch?
Sie erzählt von ihrer Zeit im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Vom Grauen, der Abgestumpftheit, die die leblosen Hüllen der Gefangenen meist unweigerlich ergriff. Von ihrer Verlegung nach Bergen-Belsen, welches später durch Anne Frank Berühmtheit erlangen sollte. Von ihrer Verschleppung nach Leipzig um in den letzten Kriegstagen noch Sklavenarbeit in einer Waffenfabrik zu leisten. Sie erzählt von ihrer Rückkehr nach Hause, ohne ihren geliebten Vater, der die Familie zusammengehalten hatte. Von ihrer Spurensuche, wo er nachdem die Todesmärsche von Auschwitz aus losgingen war. Dass er nach Mauthausen gehen musste, es überlebt hat. Dass er später in Dachau gesichtet wurde, nachdem Mauthausen kurz vor der Befreiung stand und er erneut deportiert wurde. Marceline erzählt, was ihr Vater durch seinen Tod alles verpasst hat. Und wie der Holocaust auch nach Kriegsende noch weiterging, als ihr jüngerer Bruder sich umbrachte. Oder zwei Jahre darauf ihre ältere Schwester, genauso wie ihr Bruder zuvor. Wie die Lager auch in Opfern verankert waren, die nie eins betreten mussten.

Das Buch Und du bist nicht zurückgekommen ist ein Zeitzeugnis. Ein Zeugnis von etwas, was nicht in Vergessenheit geraten darf. Ein Buch, was mein geschichtliches Interesse weckte. Vielleicht war es aber auch dein anderer Grund, weshalb ich das Buch, als ich es bei vorablesen.de als Leseprobe entdeckt hab, unbedingt kaufen und nicht gewinnen musste. Angesichts der politischen Diskussion, die Deutschland und ganz Europa derzeit und bereits seit einem Jahr im Klammergriff hält, kann ich nur auffordern: Lest dieses Buch. Den Brief einer Tochter an ihren Vater. Eine Tochter, die auch nach 70 Jahren tief gezeichnet ist und ihr ganzes Leben nicht mehr vergessen kann, was ihr zugestoßen ist.
Man darf nicht vergessen, was zwischen 1933-1945 geschah. Und ich spreche hier gerade nicht nur von DEUTSCHEN. Auch andere Länder haben sich zu vergegenwärtigen, was damals geschah, sie waren genauso involviert. Doch rechte Rufe, rechte Hetzte ist heute in den 2010ern wieder allgegenwärtig. Und Bücher wie diese sind es, die einem klar machen sollten, was das gekostet hat. Menschenleben, Würde, Familien. 
Der Brief einer 86-jährigen was soll der schon Aussagen können?, werden manche denken. Mehr als ihr glaubt. Denn mit der Hilfe, die sie bekam um ihre Gefühle und Erinnerungen in Worte zu fassen haben etwas geschaffen, was uns bald keiner mehr geben kann: Die kalte, harte Realität der Vergangenheit. Anfangs kam ich etwas schwer mit, schließlich spricht aus Marceline ihre Stimme zu ihrem Vater. Ein Mensch, der sie kannte, der wusste worauf sie so anspielte mit dem was sie geschrieben hat. Man bekommt den Eindruck von Unstetigkeit, dem hin und her hopsen zwischen der Zeit im Lager und der Zeit danach.
Doch beim genauen Lesen habe ich festgestellt, dass Marceline viele Verbindungen ziehen konnte. Wieso verstanden die Menschen zu Hause sie nicht? Die Antwort fand Marceline in ihrer Zeit im Lager. Sie erzählt auf unnachahmliche Weise, was geschehen ist. Welche Reise sie zurück gelegt hat. Wie sie als 15-jährige Jüdin einen SS-Mann anlog um nicht gleich ins Gas zu kommen, wie die anderen Minderjährigen. Wie sie und alle anderen sich vor Mengele und anderen SS-Ärzten auszogen. Daumen links, Daumen rechts. Einer für das Gas, einer für die Hölle auf Erden, ein Zwischenstopp kurz vor dem Gas.
Sie erzählt vom Kommando Kanada, wo die Kleidung der Toten sortiert wurde. Wie sie in die Säume eingenähte Habseligkeiten stahl. Dass sie selbst Kleidung von Toten trug. Sie erzählt vom Rauch, dem Gestank nach verbrannten Fleisch.
Sie erzählt, wie sie immer nach ihrem Vater Ausschau hielt, der ihr noch auf den Weg gab bevor sie getrennt wurden: "Du bist jung Marceline. Du wirst das überleben." Und wie sie überlebte. Aber ohne den geliebten Vater.
Sie erzählt, dass ihr kleiner Bruder es ihr übel nahm (er war 8) als sie endlich nach Hause kam. Er wollte den Vater sehen. Sie erzählt, wie ihre Mutter versuchte das Thema KZ unter den Tisch zu kehren, als wäre nichts. Das Unverständnis der Familie. Sie erzählt, wie ihr kleiner Bruder und ihre Schwester, die einst von der Familie verstoßen worden war aufgrund ihrer Beziehung zu einem nichtjüdischen Soldaten, Jahre nach Kriegsende doch dem Lager zum Opfer fielen. Dem Lagern, von denen ihr Vater nicht zurückkehrte.
Ihre Suche nach Glück, ihr 2. Ehemann hätte wohl in vielerlei Hinsicht ihr Vater sein können.
Marceline erzählt es persönlich, dadurch dass es an ihren Vater gerichtet ist. Aber auch sehr plastisch, was sie durchgemacht hat.
Jede einzelne Seite in dem Buch hat mich traurig gestimmt. Wie sowas einfach jemals passieren konnte?
Aber viel wichtiger ist die Ermahnung, die dahinter steht. Marcelines Wunsch an eine bessere Welt, wie die an die ihr Vater zu glauben, ist allgegenwärtig. Doch die Erkenntnis, dass es nicht so ist, ist für sie auch im hohen Alter nach wie vor real. Sie ist mit Joris ihrem 2. Mann viel gereist. Hat den Krieg in Korea wie Vietnam verfolgt. Die Ost-West-Trennung, Kalter Krieg haben einen weiteren großen Teil ihre Lebens bestimmt. Die Revolten in China, die linke Politik verschiedener Staaten. Auch diese haben sie nie kaltgelassen. Doch am Ende verstand ich ihr Buch als Aufforderung. Die Aufforderung es besser zu machen. Es nicht mehr so weit kommen zu lassen, dass eine 86-jährige Frau ihrem toten Vater, der die Familie zusammenhielt und zerriss als er nicht mehr war, eine Brief schreiben muss.
Es geht hier nicht um Sühne. Aber um das Nicht-Vergessen. Das Nicht-Verharmlosen. Das erinnern daran, dass es einst eine Zeit gab wo wir Europäer flohen. Nach Australien, Amerika oder irgendwohin. Hauptsache weg vom Krieg.
Und nun die Frage an euch: Wieso dürfen dann die Syrer und alle anderen Kriegsgebeutelten, religiös oder politisch verfolgten nicht fliehen dürfen? Denkt mal drüber nach, bevor ihr euch dem Mainstream und den braunen Gedanken anschließt.

Mein Fazit: Nicht nur für Geschichtsfans. Sondern auch für jene, die nicht vergessen wollen.

Mit diesem Wort zum Sonntag alles Liebe!

Eure Michelle

P.S.: Aus Respekt gegenüber dem Thema und meinem kleinen Ausbruch hier, schreibe ich die Randdaten mal als Post Scriptum:

Erschienen ist das Buch am 07.09.2015 beim Suhrkamp-Verlag erschienen. Die Printausgabe mit 111 Seiten kostet 15,00 €.

Samstag, 12. September 2015

3096 Tage - Natascha Kampusch

Hallo ihr Lieben,

nach langer Pause kann ich euch endlich wieder ein wenig Lesestoff vorstellen. Ich kann mich nur erneut dafür entschuldigen, wie lange ich euch im Dunkeln gelassen hab. Aber krank sein (und das sehr lange) macht echt depressiv.

Die Geschichte ist allen, die zwischen 1998-2006 (und auch zeitweise danach) aktiv die Nachrichten verfolgen konnten, wohlbekannt. Nur zu gut ist sie vielen Eltern immer im Bewusstsein. Ein Bewusstsein, dass hofft, dass ihr entführtes Kind eines Tages wieder zurück kommt. Wie durch ein Wunder. Wie bei Natascha Kampusch.
Im Frühjahr 1998 wurde die damals 10-jährige entführt, verschleppt und gefangen gehalten. 3096 Tage lang. In ihrem Buch 3096 Tage erzählt sie, was geschah, wie die Erlebnisse einzuordnen sind. Wieso sie Wolfgang Priklopil verzeihen kann und wie sie versucht ihren Weg zurück in ein normales Leben zu finden.

Schon komisch oder? Das erste Buch, was ich nach langer Zeit vorstelle handelt von einer Kindesentführung, deren Selbstbefreiungswunder ich selbst aktiv miterlebt habe. Ich war zu dem Zeitpunkt 13 Jahre alt und mir ist die Berichterstattung noch in lebhafter Erinnerung. Mir ist noch sehr bewusst, wie ich damals schockiert und auch verängstigt war. Immer wieder hört man von Kindern, jungen Mädchen und Frauen, die eines Tages verschleppt werden. Nicht mehr wieder kommen. Tot aufgefunden werden. Das Natascha Kampusch nach all den Jahren noch lebte, war für mich wie für so viele andere ein Wunder.
Eigentlich wollte ich das Buch aus vielen Gründen schon lange lesen. Hauptgrund ist nicht die Neugier. Nein, es war von Anfang an offensichtlich, dass Natascha Kampusch ihrem Entführer verziehen hatte. Nur kurze Zeit nach ihrer Befreiung gab sie ja schon Interviews um einiges in das richtige Licht zu rücken. Und irgendwie wollte ich sie immer verstehen lernen.
Endlich habe ich das getan und ich bin fasziniert, wie klar sie sich ausgedrückt hat. Was ich gelesen habe, hat mich sehr berührt. Denn Natascha hat sehr gut ihre verschiedenen Lebenslagen erklärt, mal nüchtern und objektiv. Fast faktisch, aber gut analysiert. Und dann wieder mit ihren persönlichen Notizen, Texten, die ihr was bedeuten hat sie gezeigt, was zu einem bestimmten Zeitpunkt während ihrer Gefangenschaft oder auch zum Zeitpunkt, als sie das Buch schrieb, in ihr vorging. Man konnte sie verstehen. Ich konnte sie gut verstehen. Auch als sie eine Abgrenzung zum Stockholm Syndrom zog, ein Begriff und eine Kategorisierung, die sie nicht ansatzweise billigt. Und auch diese Sichtweise konnte ich gut verstehen.
Ich finde es unglaublich. Natascha ist trotz dem Martyrium, dass sie durchlebt hat, eine sehr klar denkende und mutige junge Frau. Sich so zu öffnen ist unglaublich mutig und selbstbewusst. Ich bewundere sie auch dafür. Und auch was sie versucht aus ihrem Leben, ihrer Freiheit zu machen. Echt beeindruckend. Man sollte trotzdem nicht unbedingt ein Weichei sein, um das Buch zu lesen. Es hat häufig schon fast Krimi-Charakter. Aber ich bin trotzdem fasziniert gewesen. Und bin noch immer genauso schockiert wie damals. Dennoch war das Buch sehr gut. Die Struktur war klar. Nicht 100% chronologisch. Eher eingeordnet nach bestimmten Phasen oder Hauptthemen. Vor allem nachdem Natascha entführt wurde. Stilistisch ist es natürlich klar einzuordnen. Sicherlich gab es Hilfe von einem Ghostwriter oder einem professionellen Autor, aber dennoch ist es Natascha, die spricht. Mit ihrer Stimme. Und dementsprechend kann man stilistisch eigentlich gar nichts sagen. Denn es spricht (wie das bei Autobiografien so ist) nun mal ein authentischer Mensch. Wobei es auch langweilige Autobiografien gibt. Diese hier war aber sehr lesenswert und definitiv gut geschrieben.

Erschienen ist das Buch 2010 beim Ullstein-Verlag und kostet als Printausgabe 9,99 €.

Mein Fazit: Manchmal harter Tobak, aber lesenswert und faszinierend!

So Teil 1 ist durch. :)

Liebe Grüße

Michelle


Nightingale Way - Samantha Young

So und es folgt Teil 2.

Diesmal wieder das Genre Romance und noch dazu der letzte (!) Teil der aufregenden Edinburgh-Reihe von Samantha Young.

Grace hat einen neuen Nachbarn. Einen Nachbarn, der One-Night-Stands hat. Laute One-Night-Stands, die Grace den Schlaf oder die Arbeitskraft rauben. Oder auch beides. One-Night-Stands, die ihre Höschen auf dem Treppengeländer trocknen.
Eine tolle Nachbarschaft. Logan McLeod ist genau die Art von Nachbar, die Grace nicht gebrauchen kann. Und deswegen sind sie von Anfang an wie Hund und Katz, jagen sich im Kreis und versuchen den jeweils anderen in die Position des Bedrängten zu bringen. Bis auf einmal Maia vor der Tür steht. Die behauptet Logans Tochter zu sein. Als ob es nicht schon so alles kompliziert genug wäre...

Das Buch Scotland Street habe ich euch ja bereits vorgestellt. Jetzt habe ich endlich ein Finale mit Logan, Shannons Bruder, der in diesem Teil bereits auftaucht. In dem er die Hauptrolle spielt und alle Charaktere aus den vergangenen Teilen zusammen finden. Und ein gemeinsames Happy End haben.
Kitschig oder? Ich fand das Buch aber wieder klasse. Natürlich war es wieder eine Bad Guy - Pretty Girl Story. Sozusagen nach Schema F? Nicht ganz. Samantha Youngs Stil macht die Reihe einzigartig, sehr romantisch und sehr emotional.
Beide haben Familienprobleme. Lange verschleppt, wie aktuell. Beide sind etwas kaputte Menschen. Und genau die finden zueinander. Klassisch Romance. Aber wie gesagt echt gut verarbeitet.
Außerdem ist die Erotik sehr plastisch verarbeitet. Wer da nicht als Single (danke ja, das bin ich im Moment :D ) dahinschmilzt, beziehungsweise gewisse Bedürfnisse weckt. Sorry Guys aber ist so: Auch Frauen können manchmal versaut sein. Und Bedürfnisse haben. Und sich übersteigerte Erwartungen anlesen. Naja nicht wirklich. Wenns funkt, dann funkts halt. Dann hält man alles für das Beste, was man bisher hatte.
Ums kurz zu fassen: Mädels, wenn ihr keine Romantik bekommt, weil ihr euch nur Idioten angelt oder weils ne Fernbeziehung ist oder weil ihr auch einfach gerne Romance lest: Die Edinburgh-Reihe ist da definitiv die Richtige. Die Bücher von Samantha Young lesen sich echt klasse und geben gebrochenen Herzen wieder etwas Kitt. Naja meistens. :)

Erschienen ist Nightingale Way - Romantische Nächte beim Ullstein-Verlag und kostet 9,99 €.

Mein Fazit: Romantik und Erotik pur.

Schönen Abend noch!

Eure Michelle