cookieOptions = {...}; Bücherliebhaber: Der Medicus - Noah Gordon

Freitag, 6. Februar 2015

Der Medicus - Noah Gordon

Schon klar, Der Medicus ist ein etwas älteres Buch, aber der Film im Kino gab mir den Anlass es noch einmal zu lesen, bevor ich mir das ganze reinziehe.

Der neunjährige Rob Jeremy Cole verliert innerhalb kürzester Zeit seine ganze Familie. Seine Mutter stirbt in Folge der schweren Geburt seines jüngsten Bruders, sein Vater bekommt eine schwere Lungenkrankheit und stirbt nur kurze Zeit später. Da Rob seine Eltern gepflegt hat, fand er heraus, das er spüren kann, ob ein Mensch stirbt, indem er seine Hände anfasst. Diese "Gabe" erschreckt ihn zunächst, aber er kann auch positive Lebenskraft fühlen, was ihn für den kalten Schauer des Todes entschädigt. Seine jüngeren Geschwister werden alle von verschiedenen Familien aufgenommen, bis auf einen wird Rob sie nie wieder sehen. Rob selbst findet keine Familie, seine Zukunft ist noch ungewiss. Im London des 11. Jahrhunderts leben unter König Knut wie zuvor unter König Aethelred "Unfreie" nichts anderes als Leibeigene, die auf den guten Willen ihrer Herren angewiesen sind. Dieses Schicksal blüht Rob bereits, als aus heiterem Himmel der "Barder" auftaucht. Der Barder nimmt Rob als seinen Lehrling auf und zieht mit ihm durch ganz Großbritannien um Menschen für kleines Geld zu behandeln. Die Medizin ist in vielerlei Hinsicht noch absolut unterentwickelt, aber dennoch trifft Rob immer wieder auf verschiedene Ärzte. Sie nennen sich selbst Medicus. Einer davon, ein jüdischer Medicus, sticht einem Patenten, dem Rob nicht helfen kann, einen grauen Star, sodass er wieder sehen kann. Rob ist davon fasziniert und findet heraus, dass der Mann im fernen Persien in Isafhan bei dem "Arzt der Ärzte" seine Ausbildung genossen hat. Im Gegensatz zu den europäischen Medicus-Schulen, die nur unwissende und inkompetente Stümper hervorbringen, hat dieser Medicus eine ausgezeichnete Ausbildung und weiß viel mehr über verschiedene Dinge, als Rob sich jemals erträumt hätte. In Rob beginnt der Wunsch zu keimen ebenfalls ein solcher Medicus zu werden. Nach dem plötzlichen Tod seines Lehrmeisters beschließt Rob nach Isafhan zu Reisen zum Arzt der Ärzte und dort zu studieren. Dabei trifft er die bezaubernde Mary Cullen, eine junge Schottin, die Liebe seines Lebens. Gleichzeitig steht er vor dem größten nur vorstellbaren Problem: Die Schule nimmt nur Muslime oder Juden als Schüler auf, an Christen ist nicht zu denken? Was nun? Wird er seine Ausbildung abschließen? Mary heiraten und glücklich werden? Wird er je wieder nach England zurück gehen?

Der Medicus ist auf jeden Fall etwas für ausdauernde Leser. Ich bin schon ziemlich stolz darauf, dass ich die 1800 Seiten in relativ kurzer Zeit geschafft habe. Als erstes muss ich dazu sagen: Man darf nicht vergessen, dass es ein ROMAN ist, d.h. obwohl er eine Basis auf historischen Personen und Begebenheiten hat, ist ein großer Teil frei der Fantasie des Autors entsprungen. König Aethelred und König Knut gab es tatsächlich und viele ihrer Taten, die im Buch angerissen werden, geschahen tatsächlich. Ebenso gab es die berühmten Ärzte al'Juzjani und Ibn Sina (dieser ist auch der Arzt der Ärzte und hat eigentlich einen viel längeren Namen, im allgemeinen heißt er jedoch nur Ibn Sina). Ihre Werke und ihr Wirken ist auch teilweise belegt, Dementsprechend Gut ist das Buch auch recherchiert. Was mir an dem Buch außerordentlich gut gefällt, ist der ständige Konflikt zwischen den drei monotheistischen Religionen, sowie der Vorstellung von Macht und Herrschen. Rob lebt in Isafhan in direkter Verbindung mit dem Schah Persiens, lebt im Dunstkreis der "Oberschicht" und wird immer wieder in politische Verwicklungen hineingezogen. Ebenso interessant finde ich die medizinischen Beobachtungen, die anscheinend wirklich bereits zu dieser frühen Zeit belegt waren. Andererseits stört mich etwas, dass zum Verständnis des Lesers wiederum Begriffe verwendet wurden, die damals soweit ich recherchieren konnte, noch gar nicht geprägt waren. Die Pest wurde erst im Mittelalter "Der schwarze Tod" genannt und Krebskrankheiten wurden auch erst viel später als solche benannt und diagnostiziert. Andererseits macht dies auch wieder deutlich, wie weit voraus der Orient in den Naturwissenschaften gewesen ist. Die westliche Welt war in dieser Hinsicht nicht nur unterentwickelt. Chirurgische, diagnostische und pharmazeutische Kenntnisse beschränkten sich weitestgehend auf christliche/ biblische Lehren, die meist das Austreiben eines Dämons verfolgten und dem Kranken eher schadeten als halfen. Die Dokumentation von Krankheiten usw. war ebenfalls relativ gering (was unter anderem an der schlechten Bildung lang), während der Orient seine Kinder früh ausbildete und förderte. Ebenso das Judentum kann sich auf hohe Gelehrsamkeit berufen. Ebenfalls ein Aspekt, den ich noch ansprechen möchte: Das Buch wird zwischendurch furchtbar langatmig. Lange, interessante Episoden werden von z.T. sterbenslangweiligen Beschreibungen von Reisen unterbrochen. Schon klar, diese waren früher mehr als nur beschwerlich und gefährlich, aber trotzdem war es etwas zu viel und zu langweilig. Trotzdem finde ich das Buch klasse, ebenso wie die zwei folgenden Teile. Diese spielen jeweils später, aber die Gabe, die Rob entdeckt, wird auch durch die Jahrhunderte hindurch an das älteste Kind des ältesten Kindes weitervererbt. Ebenso wie ein Skalpell aus indischem Stahl, den Rob bekommen hat. Sehr faszinierend!

Mein Fazit: Nicht nur das Buch ist lang, auch diese Rezension, aber nur weils lang ist, ist es noch lange nicht Langweilig!
 
Ein schönes Wochenende!
Eure Michelle

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen